Malediven Umweltschutz – Interview mit einer Meeresbiologin von Sarah Meschede
Mit nur 350 Metern Länge und 50 Metern Breite gehört das MIRIHI ISLAND RESORT zu den kleinsten Inseln der Malediven. Der türkisblaue Ozean und die schneeweißen Sandstrände formen das Resort zu einem der authentischsten im Indischen Ozean. Insbesondere das lebendige Hausriff, welches nur ein paar Meter vom Strand entfernt entdeckt werden kann, beherbergt eine fantastische Unterwasserwelt. Damit das so bleibt und sich das Korallenriff nach der Korallenbleiche und den verheerenden Folgen des El-Niño im Jahr 2016 wieder erholen kann, unternimmt das Mirihi Island Resort in puncto Malediven Umweltschutz alles, um das Hausriff zu schützen und wiederherzustellen. Die weltweiten Rekordtemperaturen führten zur schlimmsten Katastrophe für Korallenriffe auf der ganzen Welt. Große Teile der Riffe auf den Malediven mussten darunter leiden, – doch jetzt geben Wissenschaftler:innen wieder Hoffnung. Dafür hat das Resort eine Meeresbiologin engagiert – Susan Robertson. Susan kümmert sich hauptsächlich um den Wiederaufbau der schützenswerten Korallen mit beeindruckenden Maßnahmen und versorgt uns mit vielen nützlichen Informationen. Sie erkennt die Probleme, bietet Lösungen und gibt Hoffnung…
HALLO SUSAN, WIR FREUEN UNS, DASS WIR HEUTE EIN SPANNENDES INTERVIEW MIT DIR FÜHREN KÖNNEN. KANNST DU DICH UNSEREN LESERN BITTE KUR VORSTELLEN? WAS GENAU MACHST DU? WIE BIST DU ZU DEINEM BERUF GEKOMMEN?
Mein Name ist Susan, ich komme ursprünglich aus England und bin Meeresbiologin im Mirihi Island Resort. Ich halte nicht nur wöchentlich Vorträge über Meeresthemen für unsere Gäste, sondern kümmere mich auch um das Projekt zur Wiederherstellung der Korallen auf der Insel. Dieses Projekt läuft nun schon seit etwa 18 Monaten. Ursprünglich wurden kleine Korallenfragmente von einigen Zentimetern Länge mit Kabelbindern an hängenden Seilen befestigt. Für die Entnahme der Fragmente wurden Korallen ausgewählt, die sich in wärmeren Gewässern als widerstandsfähig erwiesen hatten. Solange die Korallen an den Seilen hängen, müssen wir die Seile regelmäßig reinigen, um Algen, Schwämme und Manteltiere zu entfernen, die die jungen Korallen bedecken und töten können. Diese Korallen sind gut gewachsen und werden jetzt wieder in das Hausriff vom Mirihi Island Resort verpflanzt. Diese Wiederbesiedlung trägt zum Wiederaufbau des Riffs bei. Es ist ein sehr aufregendes und lohnendes Projekt und wir sind bisher sehr erfolgreich damit gewesen.
Ich beschloss, mich beruflich zu verändern, und wusste, dass ich aus der Büroumgebung herauskommen und im Naturschutz an praktischen Projekten arbeiten wollte. Ich habe einen Abschluss in praktischem Naturschutz gemacht und dann als Freiwillige an einem Projekt in der Karibik mitgewirkt, wo ich sowohl Meeres- als auch Landuntersuchungen durchführte. Während dieser Zeit konzentrierte ich mich stark auf die Meeresumwelt. In den letzten Jahren habe ich an mehreren Meeresschutzprojekten auf der ganzen Welt gearbeitet, unter anderem in der Karibik, auf den Fidschis, in Madagaskar und auf den Philippinen.
VIELEN DANK, SUSAN. DAS HÖRT SICH SEHR SPANNEND UND VOR ALLEM INSPIRIEREND AN. WAS BEDEUTET DIE GLOBALE ERDERWÄRMUNG FÜR DICH PERSÖNLICH? UND WAS IN BEZUG AUF DEINE ARBEIT?
Ich persönlich finde den Klimawandel sehr beängstigend. Wir haben in den letzten Jahren extreme Wetterereignisse erlebt, die sich weltweit als verheerend erwiesen haben. Es gibt mehr und mehr Fälle von heftigen Überschwemmungen in Europa oder Asien, Waldbränden in den USA und Australien und andere Ereignisse, von denen wenig bis gar nicht berichtet wird. Unser Planet befindet sich offensichtlich im Umbruch, und ich rechne in den kommenden Jahren mit immer mehr gefährlichen und massiven Veränderungen.
Als Expertin kann ich sagen, dass das Projekt zur Wiederherstellung von Korallen als Folge einer massiven Bleiche, die 2016 auf den Malediven auftrat, ins Leben gerufen wurde. Es bricht einem das Herz, wenn man sieht, wie das Riff vor 2016 und danach aussah. Doch heute gibt es Hoffnung, denn das Riff zeigt Anzeichen einer natürlichen Erholung, und dank des Wiederherstellungsprojektes geht es wieder aufwärts. Leider wurde für das Gebiet, in dem ich derzeit tätig bin, das Süd-Ari-Atoll auf den Malediven, gerade eine Riffwarnung herausgegeben. Die Prognostiker sagen voraus, dass wärmeres Wasser von der südlichen Hemisphäre um den Globus zirkuliert und die Malediven erneut beeinträchtigen könnte.
WAS IST MIT DER TEMPERATUR DER OZEANE? WAS HAT SICH IN DEN LETZTEN JAHREN VERÄNDERT UND WELCHE AUSWIRKUNGEN AUF DIE UNTERWASSERWELT HATTE DIE TEMPERATURVERÄNDERUNG? WENN ES SICHTBARE VERÄNDERUNGEN GIBT, WORAN KANNST DU SIE ERKENNEN?
Ich kann nicht behaupten, dass ich die Veränderungen direkt sehen kann, die die Veränderung in den Meeren um uns herum bewirkt hat. Was jedoch sehr deutlich geworden ist, dass extreme Bedingungen wie ein El Niño, also das Auftreten ungewöhnlicher, nicht zyklischer, veränderter Meeresströmungen, jetzt häufiger auftreten als in früheren Jahrzehnten. Mit all den Störungen, Unterbrechungen und Verwüstungen, die es mit sich bringt. Die Tatsache, dass sie häufiger auftreten, bedeutet, dass die Riffe weniger Zeit haben, sich zu erholen, bevor sie erneut mit extremen Bedingungen konfrontiert werden. Das ist wirklich sehr traurig, denn die Fischbestände leiden, die örtliche Industrie ist betroffen und Touristen bleiben möglicherweise fern. Vor Ort sehen wir eine erstaunliche natürliche Erholung vieler Riffe nach der Bleiche 2016, aber einige, wie das Hausriff, benötigen auch unsere Hilfe und Unterstützung bei ihrer Erholung.
GIBT ES AUßER DER MINIMIERUNG DES CO2-BUDGETS NOCH ANDERE METHODEN, UM DAS GLEICHGEWICHT DER MEERESTEMPERATUR WIEDERHERZUSTELLEN?
Es ist schwierig, das CO2, das sich bereits in den Ozeanen befindet zu entfernen, aber ein weiterer Anstieg könnte durch die Verbesserung der Bodenqualität und die Wiederherstellung der Vegetationsdecke an Land minimiert werden – all dies trägt dazu bei, dass mehr von dem überschüssigen Kohlenstoff in der Luft an Land und nicht in den Ozeanen gespeichert wird.
GIBT ES BESTIMMTE MEERESTIERE, DIE VON DER ERWÄRMUNG STÄRKER BETROFFEN SIND ALS ANDERE?
Leider gibt es bestimmte Gruppen von Meereslebewesen, die von der Erwärmung der Ozeane stärker betroffen sind. Ohne zu sehr vereinfachen zu wollen, sind das diejenigen, die nicht in kältere Gewässer schwimmen können. Deshalb gibt es zum Beispiel Korallenbleiche. Selbst ein kleiner Unterschied in der Wassertemperatur kann schwerwiegende Folgen haben.
Korallen haben eine symbiotische Beziehung zu Algen. Wenn die Wassertemperatur nur um ein paar Grad ansteigt, werden die Bedingungen ungünstig und die Algen werden verdrängt und können die Korallen nicht mehr ernähren. Die Algen liefern den Korallen ihre Farbe und bis zu 80 % ihrer Nahrung. Sobald die Algen weg sind, können sich die Korallen nicht mehr selbst ernähren und sterben langsam ab.
WELCHE TIERE PROFITIEREN VON WÄRMEREN GEWÄSSERN UND WAS SIND DIE FOLGEN? SPIEGELT DIE FARBE VON HAUSRIFFEN DEREN GESUNDHEIT WIDER?
Quallen wurden in einigen Fällen auf wärmere Gewässer zurückgeführt. Jede Populationsexplosion einer Art kann Probleme für das lokale Ökosystem verursachen. Indem die Tiere dem Wasser Nährstoffe entziehen oder eine bestimmte Nahrungsquelle fressen.
Ja, die Farbe des Hausriffs spiegelt die Gesundheit wider. Je mehr Farben und je mehr Vielfalt in einem Korallenriff zu sehen sind, desto gesünder ist das Riff in der Regel. Wie bereits erwähnt, erhalten die Korallen ihre Farben von den Algen, die sie ernähren. Und je gesünder die Korallen sind, desto mehr Arten anderer – farbenfroher – Meeresbewohner kann man in einem Riff sehen. Neben der Farbe, haben aber neuere Studien gezeigt, dass Fische durch die Geräusche anderer Meerestiere zu den Riffen hingezogen werden.
KÖNNTE DAS ÖKOSYSTEM DURCH KÜNSTLICHE METHODEN EINGEFANGEN ODER REPARIERT WERDEN?
Ich denke, wir Menschen müssen die Herausforderung, vor der wir stehen, von beiden Seiten angehen: Wir müssen gezielte, spezifische Lösungen für unmittelbare Probleme entwickeln, sei es durch Technologie, wie z. B. Maschinen zur Reinigung von Küsten und Häfen, oder durch politische Initiativen, wie z. B. die Abschaffung von Einwegplastik. Gleichzeitig müssen wir aber auch einen grundlegenden Wandel in uns allen bewirken. Umweltbelange werden in vielen Teilen der Weltbevölkerung immer noch grob missverstanden. Politische Parteien sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern bagatellisieren diese Anliegen und konzentrieren sich eher auf die unmittelbare Kapitalrendite als auf das langfristige Überleben unserer Spezies. Die alte Prämisse “Global denken, lokal handeln” gilt immer noch sehr stark.
WELCHE TIERE GEHÖREN UNBEDINGT ZU EINEM INTAKTEN ÖKOSYSTEM UND WELCHE FOLGEN SIND BEREITS ZU BEOBACHTEN, WENN DIESE TIERE NUR IN GERINGEM ODER ZU GROßEM UMFANG VORHANDEN SIND?
Spitzenprädatoren sind der Schlüssel zu einem gesunden Ökosystem. Ihr Fehlen ist der Beweis dafür, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Im Ozean sind Haie ein Paradebeispiel: Einem Riff, das Haie nicht in ausreichender Zahl beherbergen kann, fehlt ein Schlüsselelement.
IST ES SINNVOLL, VIELLEICHT AUCH DIE BOOTE AUF ELEKTRO- ODER SOLARSTROM UMZURÜSTEN? ALLEIN DIE VERRINGERUNG DES LÄRMS UND DES BENZINS IM MEER KANN EINE GROßE VERÄNDERUNG BEWIRKEN, ODER?
Natürlich ist jede Abkehr von fossilen Brennstoffen gut, aber die Technologie muss in vielen Fällen noch aufholen. Wir können nicht nur über einen Verkehrsträger nachdenken, sondern müssen über langfristige Massenlösungen nachdenken, nicht nur über einzelne Faktoren.
WAS KANN JEDER MENSCH ZU EINEM FUNKTIONIERENDN ÖKOSYSTEM BEITRAGEN?
Funktionierende Riff-Ökosysteme bieten Millionen von Menschen viele Vorteile. Sie sorgen für nachhaltige Fischerei, Küstenschutz und wirtschaftliche Stabilität, indem sie Lebensgrundlagen bieten. Außerdem werden Korallenriffe als Quelle für mehrere neue medizinische Durchbrüche untersucht.
Vielen Dank für das sehr informative und äußerst interessante Interview! Uns hat es große Freude bereitet so viele spannede Informationen und Möglichkeiten zur Erhaltung der Korallen kennenzulernen!