Die unendliche Weite – mein Trip nach Namibia von Dennis Kylau
Wer glaubt, in Namibia erwarte ihn das „typische“ Afrika, der wird sich wundern. Denn das Land an der Südwestküste des Kontinents ist so ganz anders als vielbesuchte Safariziele wie z.B. Südafrika. Das stelle ich während meiner überraschenden Reise von Windhoek über die Etosha-Region und das Damaraland, entlang der Skelettküste bis nach Swakopmund immer wieder fest. Was genau das heißt, das möchte ich Ihnen in diesem Erfahrungsbericht erzählen. Steigen Sie mit mir in den Jeep auf eine Tour durch die Wüste. Was Sie mitbringen müssen: Lust auf Weite, Freiheit und Abenteuer!
ANSCHNALLEN, ES GEHT LOS…
Nach ca. 10 Stunden Flug nonstop von Frankfurt mit Air Namibia landen wir in Windhoek. Auf Einladung unseres Partners Natural Selection, der hochwertige Lodges in Namibia vermarktet, nehme ich in einer kleinen Gruppe von Touristikern an dieser 8-Nächte-Reise teil. Ich bin sehr gespannt dieses sagenumwobene Land nun persönlich kennenzulernen, nachdem ich bereits einige andere afrikanische Länder wie Südafrika, Kenia, Sambia und Mosambik besucht habe.
AB IN DIE WÜSTE!
Von Windhoek, der Hauptstadt Namibias, geht es direkt weiter in die Etosha-Region. Die Fahrt dauert, mit einer einstündigen Mittagessen Unterbrechung, acht Fahrstunden und führt größtenteils über Schotterpisten. Links und rechts nichts als eine trockene Landschaft mit vereinzelten Bäumen. Die insgesamt mehr als eine Million Quadratkilometer große Kalahari nimmt einen beträchtlichen Teil Namibias im Osten ein und erstreckt sich auch nach Botswana. Eigentlich ist sie eine Trocken- und Dornbuschsavanne, hat aber aufgrund des vorherrschenden Sandes Wüstencharakter. Rot leuchtend reflektiert hier die Sonne. Und direkt an der Atlantikküste im Westen verläuft mit der Namib eine weitere Wüste, die älteste der Welt, die dem Land auch seinen Namen gab. So ist es nicht verwunderlich, dass es heiß ist in Namibia, 35 Grad Celsius Tagesdurchschnittstemperatur. Es ist November, und mit der Regenzeit beginnt die touristische Nebensaison. Bisher ist aber kein Tröpfchen in Sicht. Der Regen, der hier nur sporadisch fällt, wird von allen sehnsüchtig erwartet. Alle, das sind wenige Menschen und Tiere gemessen an der riesigen Fläche. Auf einen Quadratkilometer kommen in Namibia nur knapp drei Einwohner. Und wer erwartet reihenweise Großwild zu sehen, wie in einem eingezäunten Safaripark, der wird enttäuscht sein. Dafür sind aber die vergleichsweise seltenen Tierbeobachtungen umso spektakulärer, wie sich noch zeigen wird. Die beste Reisezeit für Namibia sind die Monate April und Mai, wenn die Landschaft nach dem Regen grüner ist und mehr Tiere sichtbar sind.
GUT GERÜSTET, IST HALB GEWONNEN
Zurück auf die Wüstenpiste! Ganz schön anstrengend, diese enorme Strecke direkt nach dem langen Flug zurückzulegen. Doch während dieser Inforeise haben wir einfach nicht so viel Zeit und möchten dennoch viel erleben. Unser Deutsch sprechender Guide Lloyd gestaltet uns die Fahrt so angenehm wie möglich. Allein seine spannenden Erzählungen und historische Informationen fesseln mich wie ein großartiges Buch. Man kann Namibia gegen einen recht deutlichen Aufpreis auch per Flugsafari entdecken, um Zeit zu sparen. Wenn Sie die Distanzen zwischen den einzelnen Lodges mit dem Auto, ob geführt oder als Selbstfahrer, zurücklegen möchten, empfehle ich Ihnen ausreichend Zeit – mindestens zwei Wochen – einzuplanen, um sich zwischendurch von den Wegstrecken erholen zu können. Mit einem guten Jeep ist das Vorwärtskommen kein Problem, und unterwegs gibt es immer mal wieder Tankstellen, an denen Sie auch das WC aufsuchen und sich mit Getränken und Snacks eindecken können. Gegebenenfalls müssen Sie auch im Nirgendwo halten, um Ihre Notdurft zu verrichten. In jedem Fall sollten Sie immer genug Verpflegung dabeihaben, insbesondere Wasser, sowie einen Ersatzreifen und ein Satellitentelefon/-funkgerät, falls Sie mal eine Panne haben. Dann heißt es nicht in Panik verfallen, den Reifen selbst wechseln oder gegebenenfalls auf Hilfe warten.
Namibia steht nun einmal für Abenteuer-Urlaub!
WELCOME TO ETOSHA!
Endlich erreichen wir unsere erste Unterkunft: die Safarihoek Lodge. Sie liegt im Norden Namibias in einem Gebiet namens Etosha Heights, welches an den südlichen Teil des weltberühmten Etosha-Nationalparks grenzt. Bei unserer Pirschfahrt sind wir die einzigen auf weiter Flur – hier ist generell weniger los als im Park selbst, und doch kommen die dort lebenden Tiere auch hierher um sich wohlzufühlen. Wir beobachten die für Namibia typischen Oryx-Antilopen sowie Giraffen, Zebras, Elefanten, diverse Vogelarten, scheue Reptilien und Spitzmaulnashörner, die auf Englisch „Black Rhinos“ genannt werden. Dazu gibt es eine lustige Anekdote: Sie heißen so, um sie von den „White Rhinos“, den Breitmaulnashörnern abzugrenzen. Diese haben ihren Namen allerdings durch einen Fehler erhalten, denn gemeint war ursprünglich „wide“ – also „weit“ – wegen ihres breiten Mauls. Die Black Rhinos jedenfalls können mit ihrem spitzen Maul wunderbar die wenigen grünen Blättchen von den Bäumen zupfen. Auch viele verhungerte und verdurstete Tiere sehen wir. Es ist wirklich sehr trocken. Unser Guide erzählt uns, dass bei Regen die Freude darüber bei Menschen und Tieren gleichermaßen spürbar ist. Es kommt vor, dass Elefanten Freudentänze aufführen, wenn die ersten Tropfen fallen.
Was mir einmal mehr auffällt: Namibia ist Weite, Weite, Weite! Und die Sonnenuntergänge sind fantastisch und in ihrer Schönheit auf Fotos kaum widerzuspiegeln. Die Luft ist unglaublich klar, und deshalb sieht man nach Einbruch der Dunkelheit auch Millionen von Sternen. Für Liebhaber unberührter Natur, der Einsamkeit und Stille weitab der Hektik der Zivilisation ist das ein echter Traum.
LODGE-LEBEN
Am Abend besucht ein Honigdachs die Safarihoek Lodge, ein seltener und dafür umso frecherer Gast. Sicherlich wurde er vom Duft des superleckeren Essens angelockt. Die Lodge ist nicht nur deshalb eine gute Adresse und bietet 4-Sterne-Standard. Das Personal ist sehr freundlich und begeistert uns mit Gesängen. Die Angestellten gehören der namibischen Volksgruppe der Damara an und verständigen sich nicht nur mit Worten, sondern auch mit Klicklauten. Diese werden beim Sprechen so vermischt, dass man beim Zuhören den Eindruck hat, sie könnten nicht von ein und derselben Person stammen. Außerdem interessant ist, dass es für manche Begriffe in der namibischen Sprache kein Wort als Entsprechung gibt und diese stattdessen umschrieben werden.
Früh am nächsten Morgen steht wieder eine Safari an. Die sogenannten „Game Drives“ finden immer zweimal am Tag statt: mit dem Sonnenaufgang und spätnachmittags. Mein Körper erteilt mir eine Lektion darin wie wichtig es ist gerade im trockenen Wüstenklima stets viel zu trinken: Einen Tag habe ich mich nicht darangehalten und bekomme direkt Kopfschmerzen.
KURZBESUCH BEI DEN HIMBA
Wir machen uns auf zur nächsten Station unserer Reise. Sie führt uns von der Etosha-Region südwestlich in Richtung der Küste ins Damaraland. Dieses Gebiet wurde während der Apartheid auf dem Reißbrett abgesteckt und deckt sich in etwa mit dem Siedlungsraum der Damara-Volksgruppe. Bevor wir dort ankommen, machen wir aber noch Halt in einem Himba-Dorf. Die Einwohner sind zwar Besuch von Touristen gewöhnt, doch das Leben hier gestaltet sich trotzdem authentisch; so wie seit Jahrhunderten leben die Himba als halbnomadische Viehzüchter, Jäger und Sammler in sehr einfachen Verhältnissen. Der Status der Frau spiegelt sich in ihrer Kleidung und ihrem Schmuck wider. Ist ihr Fußschmuck zum Beispiel mit zwei Strichen versehen, hat sie Kinder. Gleichzeitig schützt dieser sie auch vor Schlangenbissen. Wer einen Einblick in eine der traditionellen namibischen Kulturen gewinnen möchte, der sollte einen solchen Zwischenstopp auf jeden Fall einplanen.
DIE VIELEN GESICHTER DER WÜSTE
Wir gelangen ins Hoanib Valley, wo wir im gleichnamigen Camp übernachten werden. Insgesamt sind wir heute acht Stunden unterwegs. Die Landschaft verändert sich zusehends, sie wird gebirgiger und grüner und andere Buscharten gewinnen die Oberhand. Sie sind nicht genießbar für alle Tiere, aber die sehr anpassungsfähigen Oryx-Antilopen sind nicht wählerisch und kommen überall in Namibia gut zurecht. Je näher wir dem Ozean kommen, desto sandiger wird es. Unterwegs passieren wir eine beeindruckende uralte Schlucht, an deren Gesteinsschichten man die verschiedenen Epochen erahnen kann. Durch diese floss einst der aus dem nördlichen Nachbarland Angola kommende Kunene River. Im Kaokoveld, einer Region, in der keine Landwirtschaft möglich ist, man aber mit etwas Glück Nashörner und Wüstenelefanten antreffen kann, entdecken wir mysteriöse Pflanzenkreise. Zum Essen halten wir in Sesfontein, einem kleinen Örtchen, das auch über einen Kleintransportflughafen verfügt.
LUNCH IM FLUSSBETT & LÖWEN IN FLAGRANTI ERWISCHT
Im Hoanib Valley Camp angekommen sind wir beeindruckt von seiner Lage! Es kauert sich windgeschützt an einen Felsen und besteht aus luxuriösen Zeltsuiten. Außerdem begeistern mich die hier angebotenen Desert Walks sowie Jeep Safaris durch das ausgetrocknete Flussbett des Hoanib. Auch wenn oberflächlich kein Wasser weit und breit zu sehen ist, ist es hier viel grüner als im Nordosten Namibias. Die Pflanzen holen sich das Wasser unterirdisch über ihre Wurzeln. Wir verfolgen die Spur von Wüstenlöwen und brauchen eine Weile, bis wir die Tiere entdecken – ausgerechnet mitten bei der Paarung. Auch Wüstenelefanten bekommen wir zu Gesicht. Prinzipiell, wie auf jeder Safari, ist es keine gute Idee das Fahrzeug zu verlassen, es sei denn der Guide gibt sein Okay. So verzehren wir einmal ein vorbereitetes Mittagessen im Flussbett. In dieser Gegend sind die Sonnenuntergänge wegen der Nähe zum Ozean, die für Spiegelungen sorgt, sogar noch grandioser.
WOHNEN IM SCHIFFSWRACK ZWISCHEN WÜSTE & OZEAN
Die nächste sechseinhalbstündige Etappe unserer „Tour de Namibia“ führt uns entlang der Skelettküste Richtung Süden. Ich bin besonders gespannt auf die Shipwreck Lodge, denn sie ist ganz neu und die einzelnen Unterkünfte sind Schiffswracks nachempfunden. Wir werden von Mitarbeitern der Lodge an der Möwebucht abgeholt; nur als Gast kommt man auf das Lodge-Gelände. Die Bauweise nach den Entwürfen der namibischen Nina Maritz Architects ist wirklich genial und das Wohnerlebnis in den privaten Villen sehr exklusiv. Die Reste echter Wracks von Schiffen, die aufgrund des dichten Morgennebels einst hier strandeten, sowie reichlich Tierskelette, unter anderem von Walen, kann man an der Küste, die so zu ihrem Namen kam, bewundern und außerdem Robben, die seltenen Schabrackenschakale und die langhaarige Wüstenhyänen erblicken, welche ebenso wie dann und wann die Wüstenlöwen zwischendurch gerne auf Robbenjagd gehen. Die Wüstendünen erheben sich direkt hinter dem Ozean – ich wüsste nicht, wo es so etwas sonst noch gibt –, und beim Quadfahren die steilen Sandhügel hinauf und hinab begleitet mich das Gefühl endloser Freiheit. Die Skelettküste wird auch Diamantküste genannt aufgrund des reichen Vorkommens der edlen Steine. In der Nähe gibt es einige alte Diamantenminen, und wenn Sie Zeit und Glück haben, finden Sie vielleicht sogar selbst einen… Auch die steinzeitlichen Felsmalereien von Twyfelfontein sollten Sie sich nicht entgehen lassen, wenn Sie mehr Zeit in der Gegend zur Verfügung haben.
AUFATMEN & RELAXEN WIE IN EINEM DEUTSCHEN KURORT: SWAKOPMUND
Schon geht es weiter zur letzten Station unserer Reise, in die Küstenstadt Swakopmund, die wir nach neun Stunden Fahrt erreichen werden. Wenn Ihnen diese Strecke zu weit ist, können Sie unterwegs im Skeleton-Coast-Nationalpark in einfachen Gästehäusern übernachten. Auf dem Weg rasten wir an einem kleinen Salzsee, in dem man sich treiben lassen kann wie im Toten Meer. Die Extreme der namibischen Natur erstaunen mich einmal mehr. Endlich kommen wir an im ehemaligen Hauptsitz der deutschen Kolonialverwaltung. Swakopmund ist noch immer sehr deutsch geprägt, dass man sich selbst daran erinnern muss in Namibia zu sein! In Geschäften, Cafés und Restaurants wird man ganz selbstverständlich mit „Guten Tag“ begrüßt und kann sich überall gut auf Deutsch verständigen. Die Kolonialgebäude sind sehr gut erhalten, und ich habe das Gefühl ein deutscher Kurort wurde genommen und in die Wüste gesetzt. Das Lebensgefühl der Stadt ist locker-leicht, das Klima herrlich mild und eine Wohltat nach den Tagen in der Wüste, mit der Möglichkeit nach Herzenslust einkaufen und essen zugehen. Verweilen Sie hier gerne etwas länger am Ende oder am Anfang Ihrer Reise. Nicht nur in Swakopmund, in ganz Namibia kommt man als Deutscher gut voran. Es sind auch keine Adapter für Steckdosen notwendig, und als Zahlungsmittel werden der Namibische Dollar als auch der Südafrikanische Rand akzeptiert.
Wir machen uns auf und fahren in östlicher Richtung die viereinhalb Stunden zurück nach Windhoek, von wo unser Rückflug geht. Hier schlafen wir noch eine Nacht im Hilton Hotel. Am Abschlussabend genießen wir ein tolles Essen im The Stellenbosch Wine Bar Restaurant
WER MEHR WILL…
Außer den Sehenswürdigkeiten in der oberen Landeshälfte, die ich in diesen Tagen erlebt habe, hat Namibia auch noch einige Highlights im Süden zu bieten. Interessante Stopps sind unter anderem die von hohen roten Dünen umgebene Salz-Tonpfanne des Sossusvlei – Übernachtungstipp: das Little Kulala Camp –, die Hafenstadt Lüderitz und der Fish River Canyon, mit 160 Kilometern Länge, bis zu 27 Kilometern Breite und bis zu 550 Metern Tiefe der größte Canyon Afrikas und nach dem Grand Canyon der zweitgrößte der Erde. Auch in Kombination mit Südafrika oder Botswana kann ich Namibia empfehlen, um einen umfassenden Eindruck von den vielen Facetten des Kontinents zu bekommen.
MEIN FAZIT
Namibia ist ein Land der Weite und des entspannten Tourismus. Wer die Einsamkeit liebt und eine Auszeit von Menschenmassen, Lärm und Hektik sucht und das „Fernab der Zivilisation“-Gefühl schätzt, ist hier richtig. Wenn Sie zudem keine Angst vor ein bisschen Abenteuer haben und offen gegenüber allen Erlebnissen sind, die die Natur ihnen beschert – von unverhofften Tierbegegnungen bis zu langen Phasen, in denen Sie nicht als endlose Landschaften erblicken –, werden Sie Namibia lieben.